... ob dein Friede mein Friede ist.

Kanaan-Konferenz zu Weihnachten – eine Herausforderung zur Umsetzung der UN Resolution 1325

Nach dem Wortlaut dieser Resolution des UN Sicherheitsrates aus dem Jahr 2000 haben Frauen auf der ganzen Welt das Recht, an allen Friedensprozessen beteiligt zu werden. Weder bei Friedensansätzen im Nahost-Konflikt noch sonst wo auf der Welt hat man sie bis jetzt offiziell beteiligt. Genau das will das Kannaan-Projekt bewirken: den Frauen in diesem unendlichen Konflikt eine Friedensstimme geben, die gehört wird.

15.-18. Dezember, Rotes Rathaus, Berlin-Mitte: Auftakt des Kanaan-Projektes. Draußen Weihnachtsmarkt mit Riesenrad, drinnen Begegnung von ca. 45 Frauen aus Israel, Palästina und Deutschland. Heide Schütz nahm für das Frauennetzwerk für Frieden e.V. teil. Fast alle sind erfahren in bilateraler oder sogar trilateraler Projekt- und Unterstützungsarbeit und dennoch: „Ich habe noch nie mit einer israelischen Frau gesprochen, sagt eine der Palästinenserinnen an meinem Dialog-Tisch. Was sind die Visionen der Teilnehmerinnen, was wünschen sie sich für ihren Alltag in Nahost? Allein diese Frage ist eine Herausforderung unter den politischen Bedingungen der Gegenwart. Es folgt ein ganzer Tag, an dem die Vertreterinnen ihre Vereine und deren völkerverbindende Arbeit darstellen. Er ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Der bewegende Höhepunkt: "Within the Eye of the Storm" (Im Auge des Sturms), ein Dokumentarfilm zur Arbeit des Parents Circle-Family Forum. Es ist ein besonderer Eltern- und Familienkreis, der sich regelmäßig seit der Gründung 2002 trifft, seit einiger Zeit unter erschwerten Bedingungen seitens der israelischen Regierung. Alle haben Kinder oder ein nahes Familienmitglied verloren, z.B. den Bruder oder die Schwester. Für sie ist Frieden kein hohles Wort, keine Vortäuschung falscher Tatsachen, sondern ein konkretes Ziel, für das sie sich gemeinsam einsetzen. „Wir reißen die Mauer nieder mit unseren Schmerzen.“ Zwei von ihnen sind Teilnehmerinnen der Konferenz, Robi Damelin und Aisheh Kharee-B.

Die politischen Probleme der Region Nahost können nicht gelöst werden, aber Erfahrungen werden ausgetauscht, Beziehungen vorsichtig angebahnt, Projekte zur Diskussion gestellt. Es wird überdeutlich: die Bedingungen der Besatzung Palästinas durch Israel machen gemeinsame Projekte zwischen israelischen und palästinensischen Frauen nahezu unmöglich. Dennoch inspiriert der Catering-Service „Cooking for Peace“ eine der Frauen dazu, ihr Projekt „Cooking Ideas for Peace“ zu nennen. Aber sieht der palästinensische Friede genauso aus wie der israelische? Eine junge Palästinenserin bringt es auf den Punkt:

Ich weiß nicht, ob Dein Friede mein Friede ist.

Genau da müssen wir weiter machen, trotz der Anfeindungen aus ihrer jeweiligen Gesellschaft, die fast alle Frauen erfahren wegen ihrer Verständigungsbereitschaft. Die Entscheidung des EU Parlamentes am vorletzten Tag der Konferenz könnte eine Hilfe sein.

Nachdenkliche Gratulationen

Zweifelhafte Freude – Friedensnobelpreis für Malala Yousafzai
Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenarbeit in NRW e.V.

 

Die Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenarbeit in NRW e.V. gratuliert Malala Yousafzai ganz herzlich zur Verleihung des Friedensnobelpreises und zu dieser verdienten Würdigung und Anerkennung ihres Engagements für Mädchen und junge Frauen! 

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Friedensnobelpreis gehört Malala Yousafzai. Sie allein weiß, was er für sie bedeutet. Sie definiert, welchen Gewinn er für sie bringt und was er sie möglicherweise kostet.

Als Fachverband für Mädchenarbeit wissen wir auch um die Macht der Symbole und haben demzufolge Fragen an westliche Symbolpolitiken sowie an mediale Inszenierungen von „guten“ und „bösen“ Mädchen und Menschen, ob weiß oder of color:

  • Wenn „Bildung für alle Mädchen“ wirklich so ein hohes Gut ist, wie es gerade jetzt von deutschen Politiker*Innen aller Couleur immer wieder betont wird, wenn es wirklich nur „ein Kind, einen Lehrer, ein Buch und einen Stift braucht“, um die Welt zu verändern, warum ist Deutschland dann nicht Weltmeister im Export von Bildungschancen, sondern viertgrößter Waffenexporteur weltweit?
  • Hätte ein namenloses Mädchen in einem unbekannten Land des globalen Südens, das den Anschlag einer Drohne einer westlichen Industrienation überlebt hat eine reale Chance, einen Namen und ein Gesicht zu bekommen und den Friedensnobelpreis zu erhalten?

Wir haben auch Fragen an uns selbst:

  • Beschäftigen wir uns in der Mädchenarbeit damit, was internationale Solidarität für uns bedeutet und welche Art von Solidarität wir selbst brauchen?
  • Inwieweit reflektieren wir in der Mädchenarbeit eigene Rassismen?
  • Sind wir bereit, uns mit Fragen der Sicherheits- und Friedenspolitik zu beschäftigen?
  • Definieren wir sie als Teil von Mädchenpolitik oder überlassen wir dieses unbequeme und komplizierte Geschäft lieber anderen?

In diesem zweifelhaften Sinne freuen wir uns mit Malala Yousafzai über einen Preis, über den wir uns nicht wirklich freuen können und gratulieren allen Mädchen, die auch unter schwierigen Umständen ihren ganz eigenen Weg gehen – weltweit!

 

Kontakt: Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenarbeit in NRW e.V., Beate Vinke,
Robertstr. 5a, 42107 Wuppertal, fon 0202/7595046, mobil 0170/9440954,
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!www.maedchenarbeit-nrw.de

„oder, was auch denkbar ist — ein Erwachen der Vernunft“ (Bertha von Suttner)

Wir bedanken uns herzlich bei der Rezitatorin und Sängerin Christiane Sturm und dem Musiker Johann Hinterkeuser für das Geschenk eines sehr bewegenden Nachmittags am Internationalen UN Friedenstag, dem 21. September 2014.. Texte und Lieder zu Krieg und Frieden von Bertha von Suttner, Kurt Tucholsky, Erich Maria Remarque, Susan Sontag und anderen füllten die Dimensionen, die diese beiden Pole vorgeben.

Die Veranstaltung war der Beitrag des Frauennetzwerks für Frieden zu den diesjährigen Bonner Friedenstagen, den 8. In Folge, und zugleich der Abschluss der 4 Veranstaltungen in Bonn zur Hommage für Bertha von Suttner zu ihrem einhundertsten Todesjahr. Den Ersten Weltkrieg hat sie mit allen Kräften verhindern wollen, aber sie wusste, dass es bei den gezielten Vorbereitungen auf allen Seiten vergeblich sein würde. Sie starb kurz vor Beginn des „Großen Krieges“ am 21. Juni 1914.

Die gute Kooperation mit dem Frauenmuseum Bonn wird im nächsten Jahr fortgesetzt werden.

Gedanken

Wie aber kann man seinen Feind lieben? Dazu gibt es nur einen Weg: ihn zu verstehen. Man muss verstehen, warum er so ist, wie er geworden ist, warum er die Dinge anders sieht als man selbst. Einen Menschen zu verstehen, verleiht die Kraft, ihn zu lieben und zu akzeptieren. In dem Augenblick, in dem man ihn liebt und akzeptiert, hört er auf, ein Feind zu sein. Im Grunde ist es unmöglich, seinen " Feind zu lieben", denn in dem Augenblick, in dem man ihn liebt, ist er kein Feind mehr.

Thich Nhat Hanh, buddhistischer Mönch und Schriftsteller

Unfassbares Chaos

Bereits am 20. Juli 2014 schrieb Dr. Mads Gilbert, Shifah Hospital in Gaza, diesen Brief, den wir aufgrund der Urlaubszeit erst jetzt veröffentlichen. Das bitten wir zu entschuldigen. Kein anderer Bericht kann diese authentischen Äußerungen ersetzen 

 

Liebste Freunde,

die letzte Nacht war extrem. Die „Bodenoffensive“ von Gaza endete in Massen und Wagenladungen voller verstümmelter, abgetrennter, blutender, schlotternder, sterbender Palästinenser – mit allen Arten von Verletzungen – in allen Altersstufen - alle Zivilisten, alle unschuldig.

Die Helden in den Krankenwagen und allen Krankenhäusern Gazas arbeiten in 12 – 24 Stunden, versetzt, grau vor Müdigkeit und durch das unmenschliche Arbeitspensum (alle ohne Bezahlung im Shifa für die kommenden vier Monate), sie versorgen, triagieren, versuchen das unfassbare Chaos an Körpern, Größen, Gliedern, gehenden, nicht gehenden, atmenden, nicht atmenden, blutenden, nicht blutenden Menschen zu begreifen.

MENSCHEN! Nun wieder einmal behandelt wie Tiere von der „moralischsten Armee in der Welt“ (inkorrekt!). Mein Respekt vor den Verwundeten ist maßlos, in ihrer zurückhaltenden Entschlossenheit inmitten von Schmerz, Höllenqualen und Schock. Meine Bewunderung für das Personal und die Freiwilligen ist maßlos, meine Verbundenheit zu dem palästinensischen „sumud“ verleiht mir Kraft, obwohl ich in flüchtigen Augenblicken einfach aufschreien will, jemanden festhalten, weinen, die Haut und das Haar des warmen Kindes riechen will, das mit Blut übergossen ist, uns selbst in einer endlosen Umarmung beschützen will – aber wir können das nicht, noch können sie es. Aschgraue Gesichter – Oh NEIN! Nicht noch eine Ladung von zehn Verstümmelten und Blutenden. Wir haben noch Blutlachen auf dem Boden in „ER“, Stapel triefender, blutdurchtränkter Bandagen zum Ausmisten – oh – die Reinigungskräfte, die überall eilig das Blut wegschaufeln und weggeworfene Gewebe, Haare, Kleider, Kanülen - Überreste der Toten – alles entfernen sie … um wieder bereit zu sein, damit sich alles wiederholen kann. Über 100 Fälle kamen zum Shifa-Krankenhaus in den letzten 24 Stunden. Genügend für ein großes gut ausgebildetes Krankenhaus, mit allem (ausgestattet), aber hier – fast nichts (vorhanden): keine Elektrizität, kein Wasser, keine Einwegartikel, keine Medizin, keine OP-Tische, keine Instrumente, keine Monitore – alle verrostet und so, als hätte man sie aus Museen oder Krankenhäusern von gestern genommen.

Aber sie beklagen sich nicht, diese Helden. Sie machen weiter, wie Kämpfer, vorwärts, enorm entschlossen. Und da ich diese Worte an Sie schreibe, alleine, in einem Bett, fließen meine Tränen, die warmen, aber nutzlosen Tränen des Schmerzes und Kummers, Ärgers und Furcht. Das wird nicht geschehen! 

Und dann, gerade in diesem Moment, startet das Orchester der israelischen Kriegsmaschine seine grausame Symphonie wieder, genau jetzt: Artilleriesalven von den Marinebooten unten an den Küsten, die aufheulenden F16, die widerlichen Drohnen (Arabisch: „Zennanis“, die Hummer) und die polternden Apachen (Hubschrauber). So viele hergestellt in - und bezahlt von - den USA. Herr Obama – haben Sie ein Herz? Ich lade Sie ein – verbringen Sie eine Nacht – nur eine Nacht – mit uns im Shifa. Verkleidet als Reinigungskraft, vielleicht. Ich bin 100% davon überzeugt, dies würde die Geschichte ändern. Niemand, der ein Herz UND Macht besitzt, könnte jemals nach einer Nacht im Shifa fortgehen, ohne entschlossen zu sein, das Massaker an dem palästinensischen Volk zu beenden. Aber die Herzlosen und Gnadenlosen haben ihre Kalkulation gemacht und einen andere „dahyia“, Anschlag, auf Gaza geplant. Die Bäche aus Blut werden auch in der kommenden Nacht strömen. Ich kann hören, dass sie ihre Instrumente des Todes gestimmt haben. 

 

Bitte, tun Sie, was Sie können. DIES kann nicht so weitergehen. 

Mads Gilbert, MD, PhD Professor und klinischer Leiter des medizinischen Notfall-Universitätskrankenhaus von Nordnorwegen – siehe mehr unter: http://www.middleeastmonitor.com/articles/middle-east/12920-letter-from-gaza-by-a-norwegian-doctor#sthash.7Wucsb3t.ChCIksLv.dpuf

(aus dem Englischen übersetzt v. Inga Gelsdorf)

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