Leben ist endloses Lernen. Ich lernte, dass jede*r einzigartig ist und doch alle gleiche Rechte haben, dass es unabdingbar ist, solche Rechte zu verteidigen und die Vielfalt unserer Kulturen zu respektieren.
Eine beispielhafte Biografie des 20. Jahrhunderts: Ruth Weiss wurde 1924 in eine jüdische Familie in Deutschland hineingeboren. 1936 kommt sie mit ihrer Familie nach Südafrika und erlebt die Entwicklung der Apartheid. Sie widersetzt sich dem System mit ihrer Schreibmaschine, still aber entschlossen, in Südafrika, Simbabwe, Sambia und Europa. Sie forscht, berichtet, baut Freundschaften auf, nimmt an Projekten zur Überwindung des Rassismus teil. Ihre größte Stärke: Sie hört zu. Zuhören ist die Voraussetzung für Verständnis, Verständnis ebnet den Weg zur Versöhnung - ein weltweit gültiges Friedensmodell.
Ruth Weiss war Zeitzeugin. Als Schulmädchen erlebte sie die zerstörerische Kraft von Antisemitismus und Verfolgung. 1936 emigrierte ihre Familie nach Südafrika. Die südafrikanische Schriftstellerin Nadine Gordimer schrieb: "Ruth Weiss fand sich in einem Land wieder, wo das Zeichen des Opfers nicht der gelbe Stern, sondern die schwarze Haut ist. Als Weiße hätte sie mit der vollen Staatsbürgerschaft in Südafrika, die den Schwarzen vorenthalten blieb, zufrieden sein können." Sie hatte ein ungerechtes System gegen ein anderes eingetauscht: 1948 legalisierte die Einführung der Apartheid in Südafrika den Rassismus.
Ruth Weiss wurde Wirtschaftsjournalistin, war im südlichen Afrika wie auch in Europa tätig und bald eine anerkannte Autorität in ihrem Fach. Kompromisslos berichtete sie über die Situation im südlichen Afrika und geriet bald in Schwierigkeiten mit den Behörden. Zu Recht verdächtigte man sie der gemeinsamen Sache mit den unterdrückten Schwarzen. Als sie von 1966 bis 1968 in Simbabwe (früher Süd-Rhodesien) arbeitete, wurde sie zur Persona non grata erklärt, von den Portugiesen in Mosambik auf die schwarze Liste gesetzt und ihre Rückkehr nach Südafrika verweigert. Danach führte sie jahrzehntelang die stille Arbeit fort, wurde eine "kluge und hochbewährte Interpretin afrikanischen Denkens, afrikanischer Ziele und Strategien sowie Freundin vieler schwarzer Führer/-innen und, wohl noch wichtiger, normaler Leute". (Nadine Gordimer)
Ab 1988 arbeitete sie am Zimbabwe Institute for Southern Africa in Harare, das heimliche Treffen zwischen Mitgliedern von Befreiungsbewegungen und weißen Südafrikanern/-innen ermöglichte, um ein friedliches Ende der Apartheid vorzubereiten. Obwohl Ruth Weiss nach Europa zurückkehrte, blieb Afrika in ihrem Herzen. Sie hat zahlreiche Bücher zu vielen Themen veröffentlicht. Ihr Motto: "Kreise, die sich schließen." Ihr Kampf um Gleichstellung ist ein Kampf für Frieden.