Heute, am 19.05.2020, veröffentlichte ein breites Bündnis aus Organisationen und Einzelpersonen das Manifest zum Equal Care Day mit 18 Forderungen rund um die Pflege- und Sorgearbeit. Gerade in diesen Zeiten, da wir angesichts des Corona-Virus deutlicher denn je vor Augen geführt bekommen, wie essentiell und gleichzeitig prekär Care Arbeit immer noch ist, ein wichtiges Zeichen. Das FNF unterstützt das Manifest als Erstunterzeichnerin, denn die gerechte Verteilung und die Anerkennung von Sorgearbeit, die immer noch hauptsächlich von Frauen geleistet wird, tragen maßgeblich zum gesellschaftlichen Frieden bei. Das FNF befindet sich dabei in prominenter Gesellschaft von z.B. UN Women Nationales Komitee Deutschland, Oxfam Deutschland, Terre des femmes, Femnet und der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier können auch Sie die Forderungen des Manifests mit Ihrer Unterschrift unterstützen und ihnen damit politisches Gewicht verleihen. Wir danken allen Menschen, die an diesem wichtigen Dokument mitgearbeitet haben!
Auszug aus dem Manifest:
"(...) Wir alle sind in unserem Lebensverlauf auf die fürsorgliche Zuwendung und Versorgung anderer angewiesen: Das gilt für Neugeborene ebenso wie für Kinder im Vor- und Grundschulalter, aber auch als junge Erwachsene, als Berufstätige, bei Krankheit oder Behinderung und schließlich als ältere Menschen profitieren wir im Alltag immer wieder von der Care-Arbeit anderer; Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensqualität und gesellschaftliches Miteinander hängen davon ab.
Diese Care-Arbeiten und die Mental Load werden vor allem von Frauen und Mädchen getragen – unbezahlt oder unterbezahlt. Dadurch bleibt ihnen weniger, manchmal gar keine Zeit für Erwerbsarbeit, zur Aus- und Fortbildung, und sie verfügen deshalb über weniger oder kein eigenes Einkommen. Weltweit übernehmen Frauen täglich mehr als 12 Milliarden Stunden unbezahlte Sorgearbeit (Oxfam-Studie 2020). Würden diese auch nur mit dem Mindestlohn bezahlt, wäre diese Summe 24 Mal größer als der Umsatz der Tech-Riesen Apple, Google und Facebook zusammen. Und das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands würde um circa ein Drittel höher ausfallen, als in den bisherigen Gesamtrechnungen ausgewiesen wird (Wirtschaft und Statistik 2/2016). Aber private Care-Arbeit spielt für diese ökonomische Kennziffer, die als ‘Wohlstandsmaß’ einer Nation gilt, keine Rolle, dabei ist sie das Fundament jeglichen Wirtschaftens. Trotzdem können Unternehmen ganz selbstverständlich darauf zurückgreifen, ohne sich an den Kosten zu beteiligen. Hier zeigt sich, wie eng Care- und Klima-Krise verknüpft sind: in beiden Fällen werden Ressourcen zur individuellen Gewinnmaximierung ausgebeutet, die Folgen aber trägt die Gesellschaft.
Ökonomen und Wirtschaftsweise thematisieren es nur selten: Der Care-Sektor ist der größte Wirtschaftszweig, und auch hier gilt: die bezahlte Pflege- und Fürsorgearbeit wird weltweit zu zwei Dritteln von Frauen geleistet. In Deutschland ist der Frauenanteil sogar noch höher: 2019 lag er in den medizinischen Berufen, im Rettungsdienst und in der Pflege bei 84,2%, in der Kinderbetreuung sogar bei 89,6%. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen und Löhne in den weiblich konnotierten Sorgeberufen mitnichten dem hohen Anforderungsprofil und den vielfältigen Versorgungsleistungen entsprechen, die dort täglich erbracht werden.
Wie kann es sein, dass das reiche Deutschland im internationalen Vergleich eine extrem schlechte Personalbemessung bei den Pflegefachkräften und Hebammen aufweist (verdi 2017) und weit hinter Japan, Norwegen, den Niederlanden oder Belgien liegt? (...)"