Das israelische Verteidigungsministerium hat Ende Oktober sechs große palästinensische Nichtregierungsorganisationen zu "terroristischen Gruppen" erklärt. Der Militärgouverneur der West Bank unterzeichnete am 3. November eine entsprechende Order, die den Beschluss des Verteidigungsministers auch in das besetzte palästinensische Gebiet überführt. Dies ermöglicht die Schließung der Büros der Organisationen und wird die Menschenrechtsarbeit vor Ort sowie die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen nachhaltig verhindern und kriminalisieren. Die israelische Regierung begründet das Vorgehen mit dem Vorwurf, die betroffenen Organisationen arbeiteten mit der "Volksfront zur Befreiung Palästinas" (PFLP) zusammen, die u.a. von den USA und der EU als Terrororganisation geführt wird. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass die Klassifizierung als Terrorgruppen in Wirklichkeit politische Gründe hat.
International zeigen sich Friedens- und Menschenrechtsorganisationen besorgt über die Entwicklungen und bewerten die Vorwürfe als haltlos. Die UN-Sonderberichterstatter*innen Michelle Bachelet und Michael Lynk sowie weitere Menschenrechtsakteur*innen kritisierten das Vorgehen Israels und forderten Beweise für die Einstufung der NGOs als terroristische Organisationen. Die deutsche Bundesregierung äußerte sich bis jetzt noch nicht weitergehend zu dem Thema.
Von der Entscheidung betroffen sind auch NGOs, die mit deutschen Friedensorganisationen zusammenarbeiten, etwa dem Forum Ziviler Friedensdienst, in dem auch das FNF Mitglied ist. FNF-Mitglied Erika Christmann hat für die FNF-Mitgliedsgruppe "Frauen wagen Frieden" einen Brief an den mittlerweile ausgeschiedenen Außenminister Heiko Maas geschrieben. Dort heißt es unter anderem: "Wir erwarten, dass die Bundesregierung, die sich meistens sehr schnell mit Verurteilungen und gegebenenfalls Sanktionen bei drohendem Verbot von Menschenrechtsarbeit in totalitären Staaten äußert, dies auch entsprechend bei der befreundeten israelischen Regierung tut."
Auch die katholische Friedensorganisation pax christi Deutschland hat unter dem Titel "Gegen Kriminalisierung von Zivilgesellschaft" ein ausführliches Statement zu dem Thema veröffentlicht. Darin heißt es unter andem: "Mit dem Verbot der sechs Organisationen wird nicht nur versucht, besatzungskritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Damit wird die gesamte palästinensische Zivilgesellschaft eingeschüchtert und das Engagement für Menschenrechte und Selbstbestimmung sowie gegen Besatzung, Diskriminierung und Vertreibung ausgebremst. Wenn dieser Erlass unwidersprochen bleibt, müsste jegliche Unterstützung dieser wichtigen Organisationen aus dem Ausland, auch wie bisher aus Deutschland, eingestellt werden."
Die sechs NGOs haben mittlerweile auch eine gemeinsame Website ins Leben gerufen, die über weitere Hintergründe und Aktionsmöglichkeiten informiert.