Gute Nachricht

Die stellvertretende Vorsitzende des Frauennetzwerks für Frieden e.V. Margret Otto hat uns aus dem Sudan, wo sie sich bis vor kurzem zu wissenschaftlichen Studienzwecken aufhielt, eine ermutigende Meldung geschickt:

Gute Nachricht aus dem Sudan - Salmmah Women’s Resource Center in Khartoum

In der Regel sind Nachrichten, die uns aus dem Sudan erreichen, schlechte Nachrichten. Der Sudan und - nach seiner Unabhängigkeit – der Südsudan sind krisengeschüttelte Länder. Hier ist eine gute Nachricht! Trotz großer Schwierigkeiten wird die Frauenorganisation Salmmah Women’s Resource Center in ihrem Haus einen Frauentreff eröffnen. Fahima Hashim, Direktorin des Zentrums, ist stolz auf diesen Erfolg und freut sich, dass es einen Platz mitten in Khartoum geben wird, an dem Frauen sich treffen können, um sich zu beraten, zu diskutieren, Vorträge zu hören und Feste zu feiern. Und zu lesen, denn das Zentrum wird neben einem „Museumsraum“, in dem Vertreterinnen der sudanesischen Frauenbewegung seit der britischen Kolonialherrschaft gewürdigt werden, auch eine reichhaltige Bibliothek haben. Fahimas Wunsch an das Frauennetzwerk für Frieden e.V.: möglichst viele englischsprachige Bücher stiften. Das werden wir tun!


EDIT 27. Juni 2014: Leider sind die Nachrichten doch nicht so gut: Das Zentrum wurde ohne Begründung von der Regierung geschlossen: mehr dazu hier.

Offener Brief gegen die Kissinger-Professur in Bonn

Im vergangenen Jahr verkündeten das Bundesministerium der Verteidigung und das Auswärtige Amt die Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Stiftungsprofessur für „Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte“ soll von den beiden Ministerien für fünf Jahre finanziert werden und den früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Kissinger ehren. Es ist geplant, sie ab dem Wintersemester 2014/2015 für mindestens ein Jahr zu besetzen.

Das Studierendenparlament und der AStA der Universität Bonn haben gegen dieses Vorhaben protestiert, insbesondere gegen die Namensgebung und die Tatsache, dass eine Professur an einer zivilen Hochschule hauptsächlich aus Mitteln des Bundesverteidigungsministeriums bezahlt werden soll. Es gibt darüber hinaus seit Längerem eine fundierte Kritik von Zeithistorikern und Politikwissenschaftlern am Wirken des Namengebers in Asien und Lateinamerika während seiner Zeit als offizieller Regierungsvertreter der USA, die eindeutig gegen die Einrichtung einer solchen Professur spricht.

Henry Kissinger wird vorgeworfen, als Nationaler Sicherheitsberater (1969-1973) und US-Außenminister (1973-1977) Kriegsverbrechen verantwortet und schwere Menschenrechtsverletzungen geduldet oder begünstigt zu haben. Dies bezieht sich unter anderem auf Kissingers Rolle bei der Verlängerung und Intensivierung des Vietnamkriegs, auf die von ihm betriebene Ausweitung der kriegerischen Intervention der USA auf Kambodscha und Laos sowie die Flächenbombardements gegen zivile Ziele in Nordvietnam. Direkt beteiligt war Kissinger auch an der Planung des von den USA ausgehenden Wirtschaftskriegs gegen den gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende, der dem Militärputsch vom 11. September 1973 vorausging. Dokumentiert ist ebenfalls Kissingers Befürwortung repressiver Maßnahmen, die die argentinische Militärjunta nach dem Putsch 1976 ergriff. So begann in Argentinien eine Zeit staatlich organisierter Morde, zu deren Opfern auch deutsche Staatsangehörige zählten.

Angesichts dieser schwerwiegenden Tatbestände, die sich durch zahlreiche Dokumente und Forschungserkenntnisse belegen lassen, ist eine Ehrung Kissingers durch eine nach ihm benannte Professur schlichtweg inakzeptabel. Dies gilt unabhängig von den möglichen Verdiensten Kissingers, etwa in Bezug auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen oder das Verhältnis der USA zu China.

Die Unterzeichenden fordern daher die Bundesregierung und die Leitung der Universität Bonn dazu auf, die Kritik aus der Bonner Studierendenschaft ernst zu nehmen und auf die Benennung der geplanten Professur nach Henry Kissinger zu verzichten.

 

Klares Nein!

Zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen haben sich dem Aufruf, die an der Bonner Universität geplante Henry-Kissinger-Professur abzulehnen, angeschlossen. Das Frauennetzwerk für Frieden e.V. hat den Aufruf ebenfalls unterzeichnet.

Die Wortlaut der Erklärung wird hier wiedergegeben:

 

Erklärung der Initiative Zivile Uni Bonn zur geplanten „Henry Kissinger Professur“ in Bonn

Die Initiative Zivile Uni Bonn lehnt die geplante „Henry Kissinger-Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“ an der Universität Bonn ab. Henry Kissinger war als Nationaler Sicherheitsberater (1969 – 1975) und Außenminister (1973 – 1977) maßgeblich für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten verantwortlich. Bei den von Kissinger geplanten und überwachten Bombardements in Vietnam, Kambodscha und Laos starben Hunderttausende Menschen, die ökologischen Folgen des massiven Bomben- und Gifteinsatzes führen bis heute zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Während des von ihm nachdrücklich unterstützten Putsches 1973 in Chile gegen eine demokratisch gewählte Regierung wurden 3000 Menschen ermordet und Tausende gefoltert oder ins Exil getrieben. Kissinger befürwortete den „Schmutzigen Krieg“ in Argentinien, während dem 30.000 Menschen spurlos verschwanden. Kissinger gab der indonesischen Führung sein Einverständnis im Namen der USA für einen Angriffskrieg gegen Osttimor, der mindestens 100.000 Timoresen das Leben kostete (bei einer Gesamtbevölkerung von 800.000).

Nach dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs könnten einige seiner Handlungen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen werden. Henry Kissinger äußerte sich einmal zu seinem Verhältnis zum Recht in den internationalen Beziehungen: „The illegal we do immediately. The unconstitutional takes a little longer” („Das Illegale machen wir sofort. Das Verfassungswidrige dauert etwas länger.”)

Der Name Henry Kissingers für eine Professur für Völkerrecht ist untragbar!

Die überwiegende Finanzierung des geplanten Kissinger-Lehrstuhls durch das Verteidigungsministerium lässt direkte und indirekte Einflussnahme befürchten und gefährdet die universitäre Autonomie. Wir sprechen uns klar dagegen aus, dass Lehrstühle durch das Bundesministerium der Verteidigung oder die Bundeswehr finanziert werden. Forschung, Lehre und Studium an der Universität sollen zivilen und friedlichen Zwecken dienen. Wir fordern eine ausreichende Grundfinanzierung der Universitäten, um sie als Institutionen zu stärken und in die Lage zu versetzen Angebote abzulehnen, welche nicht mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in Einklang stehen.

 

Liste der unterzeichnenden Organisationen:

Asta der Universität Bonn

European Center for Constitutional and Human Rights

Ver.di NRW Süd

Frauennetzwerk für Frieden

Netzwerk Friedenskooperative

Pax Christi Bistumsstelle Köln

Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.

DFG-VK

Stiftung Asienhaus

ila

Aachener Friedenspreis e.V. - Bürgerinitiative aus der Aachener Friedensbewegung

IPPNW - Internationale Ärzte und Ärztinnen für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung, deutsche Sektion

Besuch aus Japan in Bonn an der Bertha-von-Suttner-Stele

Tsuneko Ipp ist Tourist-Guide und interessiert sich sehr für Bertha von Suttner. Sie arbeitet im Vorbereitungsteam für das Friedensmuseum in Wien. Ein Besuch an der Bertha-von-Suttner-Stele in Bonn war ihr persönlich wichtig. Neben dem Beethoven-Geburtshaus wird dieses künstlerisch gestaltete Denkmal in Zukunft das Highlight in Bonn für die Touristen aus Japan sein, sagt sie.

Tsuneko Ipp an der Bertha von Suttner Stele

Sondergipfel gefordert!

 

Frieden kann nur durch das Handeln der Menschen gesichert und erreicht werden.

Mit diesem Satz wendet sich die Kooperation für den Frieden, in der rund 50 Friedensorganisationen zusammengeschlossen sind, mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit und bezieht darin Stellung zu den Vorgängen in und um die Ukraine. Kern der Erklärung ist die Forderung nach einer sofortigen und umfassenden Deeskalisierungsstrategie, unter anderem mit einem Sondergipfel der OSZE.

 

 

Erklärung der Kooperation für den Frieden zur Kriegsgefahr in Europa

Ukraine: Deeskalation statt Marsch in einen heißen Krieg

Die Kooperation für den Frieden, ein Dachverband der Friedensbewegung, dem mehr als 50 friedenspolitische Organisationen und Initiativen angehören, fordert die Regierungen in Ost und West auf, alles zu vermeiden, was die Situation in der Ukraine weiter verschärft. Sowohl alle Truppenbewegungen als auch die verbale Kriegsrhetorik beider Seitenmüssen gestoppt werden. Die völkerrechtswidrigen Handlungen Russland in der unabhängigen Ukraine müssen sofort beendet werden. Schluss sein muss genau so mit der unverantwortlichen Instrumentalisierung der Ukraine durch den Westen, der aggressiven Rhetorik im Stile des Kalten Krieges. Es darf keine militärischen Maßnahmen der NATO, noch Waffenlieferungen in die Region geben.

Die ukrainische Regierung selbst ist aufgefordert, die nationalistische Rhetorik sowie alle Truppenbewegungen einzustellen. Dazu gehört auch die sofortige Demobilisierung der gezogenen Reservisten. Wir warnen: Das Paktieren mit Faschist*innen führt in den Krieg! Die durch die Oligarchie und die korrupte Politik herbeigeführte desolate ökonomische Situation mit ihren verheerenden sozialen Auswirkungen für die Menschen darf nicht Anlass sein, durch chauvinistische Hetze auf einen „äußeren Feind“ abzulenken. Statt der langfristigen Eingliederung der Ukraine in die EU muss der Westen umgehend ökonomische und soziale Hilfe ohne Vorbedingungen und ohne das neoliberale Diktat des IWF leisten. Verhandlungen, Gespräche, Mediation und zivile Konfliktbearbeitung sind das Gebot der Stunde. Wir brauchen keinen Abbruch von Gesprächen, wie die unverantwortliche Unterbrechung der G8 Vorbereitung, sondern mehr Kontakte, gerade auch mit Russland. Wir treten ein für einen Sondergipfel der OSZE, auf der Maßnahme der zivilen Konfliktbearbeitung im Mittelpunkt stehen müssen.

Wir setzen uns darüber hinaus ein für eine internationale Mediatorengruppe bestehend aus Friedens- und alternativen Nobelpreisträgern wie Kofi Annan, Maquire, Esquivel, Judy Williams und Paul Walker, aber auch Organisationen wie IPB und IPPNW, die umgehend Gespräche mit allen aufnehmen und einen sofortigen Stopp aller militärischen Aktivitäten vereinbaren. Das Kalte Kriegs Gerede sowohl der USA als auch Russlands ist kontraproduktiv, einer von den europäischen Regierungen gewünschten diplomatischen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen. Die NATO hat in der Ukraine nichts zu suchen. Die globale Zangenstrategie der NATO gen Osten muss ebenso gestoppt werden wie die Stationierung der westlichen Raketenabwehr.

Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die Aktionen gegen den Krieg in Moskau, in Kiew auf der Krim und überall organisieren. Die Kriegsgegner*innen in Russland und der Ukraine, deren Verfolgung und Kriminalisierung wir verurteilen, müssen durch vielfältige Aktionen und Proteste auch in unserem Land unterstützt werden.

Auch 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg gilt: Frieden kann nur durch das Handeln der Menschen gesichert und erreicht werden. Gerade unsere Regierung ist aufgefordert, statt deutsche Großmachtinteressen in der Ukraine zu praktizieren und damit zur weiteren Verschärfung des Konfliktes beizutragen, in der Tradition von Gustav Heinemann und Willy Brandt alles zu tun, dass sich durch das Primat der Diplomatie, Ausgleich und Versöhnung, Verhandlungen und zivile Konfliktbearbeitung durchsetzen.

95.000 Unterschriften für Klarstellung

Am 26. Februar hatte die Aktion Aufschrei Stoppt den Waffenhandel zu einer Kundgebung nach Berlin eingeladen.

Am Vorabend wurden der Vizepräsidentin des Bundestags, Frau Buhlman, 95.000 Unterschriften zur Unterstützung der Initiative zur Klarstellung von Artikel 26.2 im Grundgesetz überreicht. Während der Kundgebung im frühlingshaft warmen Berlin vor dem Reichstag betonten die Vertreterinnen und Vertreter des Bündnis noch einmal ihre wichtigsten Forderungen:

  • Verbot des Kleinwaffenexports
  • Verbot des Verkaufs von Lizenzen, mit denen in anderen Ländern Waffen produzierende Fabriken gebaut werden können
  • Verbot des Exports von Rüstungsgütern jeder Art

Sie wiesen nachdrücklich darauf hin, dass es nicht Ziel sei an immer komplizierteren Verfahren einer Transparenz der Rüstungsexporte zu basteln, sondern dass diese gänzlich verboten werden müssen.

In den Grußadressen der vier Parteien, die im Bundestag vertreten sind, wurde in unterschiedlicher Intensität auf das Friedensgebot des Grundgesetzes hingewiesen. Deutschland darf keine Initiative ergreifen und unterstützen, die zu Krieg führt oder Kriegsführung unterstützt. Dieses Gut unseres Grundgesetzes gilt es zu schützen und das soll mit der Klarstellung erreicht werden.

Das Frauennetzwerk für Frieden e.V. ist Mitglied des Aktionsbündnisses.

Bemerkenswerter Blick

Avraham Burg (59 J.), ehemaliger Berater von Shimon Peres, ehemaliger Vorsitzender der Jewish Agency und ehemaliger Sprecher der Knesset, Sohn des früheren israelischen Innenministers Josef Burg, aktuell Senior Fellow am Kreisky-Forum für Internationalen Dialog in Wien, hat in der israelischen Zeitung "Haaretz" am 3.2.2014 unter der Überschrift " Was ist falsch an Boykotten und Sanktionen" einen Artikel veröffentlicht, den die Österreichische Zeitung "Der Standard" am 16.2.2014 in deutscher Sprache übernommen hat.

 

Hier der Text im Wortlaut:

 

WAS IST FALSCH AN BOYKOTTEN UND SANKTIONEN?

Palästinenser setzen neuerdings auf gewaltlosen Widerstand statt auf bewaffnete Rebellion. Israel wird hilflos sein, wenn der Diskurs von Begriffen wie Stärke und Widerstandsfähigkeit auf die Ebene von Rechten und Werten wechselt.

Die Rede von Sanktionen geht um. Und wir Israelis sind, wie immer, überzeugt davon, dass die ganze Welt gegen uns ist (das ist psychonationaler Nonsens) und dass alle offenen wie verborgenen Verschwörungen dieser Welt ausschließlich auf uns zielen – aus Hass und natürlich Antisemitismus.

Nur wenige bemerken dabei das wunderbare Paradoxon, dass das offizielle Israel und die mobilisierten jüdischen Weltorganisationen die Geisel der Sanktionen bekämpfen, indem sie aufheulen und Antisemitismus schreien, während genau dieselben Leute im selben Atemzug jede Möglichkeit nutzen, um die Sanktionen gegen den Iran voranzubringen und zu verschärfen, so wie sie es bis vor kurzem auch gegen die Hamas getan hatten. Gleichzeitig versuchen sie in nützlicher diplomatischer Heuchelei alles, um Syriens Ba­shar al-Assad nicht zu schaden oder Ägypten oder einem anderen korrupten Ziel israelischer Außenpolitik.

Währenddessen aber kommt die palästinensische BDS-Bewegung (Boycott, divestment, sanctions, Anm.) in Schwung und erreicht langsam einen Wendepunkt, an dem eine Bürgerbewegung von unten auf die offizielle Politik von Regierungen und Parlamenten von oben trifft und Sanktionen gegen Israel zu einem Fait accompli macht. Israels Finanzminister gerät ob der ökonomischen Konsequenzen in Schwierigkeiten, während uns der amerikanische Außenminister vor internationaler Isolation zu schützen versucht. Forschungsinstitutionen planen bereits ihre Boykotte und Sanktionen, während sie Wege aufzeigen, um angemessene israelische Politik zu formulieren. Die Medien tragen ebenso ernst wie fieberhaft zur Diskussion bei. Zwischen all dem aber fehlt auffallend eine reale Debatte über den ethischen Sinn von Sanktionen und deren Alternative.

 

Ein Idiot oder kindisch.

Ich persönlich bin ein Mann des Dialogs und glaube, dass Boykott – jeder Boykott – niemals ein legitimes Mittel sein kann. Verlässt mein Premierminister den Raum, wenn der iranische Präsident zu sprechen beginnt, kann ich mich nicht entscheiden, ob er ein Idiot oder einfach nur kindisch ist. Klar ist aber jedenfalls, dass er mich auf keinen Fall vertritt. Ich glaube an den Frieden und ich habe keinen Zweifel, dass gezielter und echter Dialog mit den Palästinensern am Ende zwei Ergebnisse zeitigen wird: Frieden, und ein Ende der Boykotte, der Ächtung und Isolation, über die nun diskutiert wird. Dasselbe gilt auch für den Iran.

Aber diejenigen, die keinen Frieden wollen, oder ihn wollen und dem Partner nicht trauen, oder ihn wollen, dem Partner trauen, aber nicht den Mut haben, gegen die Feinde des Friedens unter uns aufzustehen, müssen sich einige Fragen gefallen lassen.

Es ist klar, dass es eine Verbindung zwischen diplomatischer Realität und deren ökonomischen Manifestationen gibt. Abgesehen von der Bösartigkeit und der Verrücktheit eines solchen Zuganges ist es zulässig, zu entscheiden, die besetzten Gebiete weiter zu halten, weil der Preis aus internationaler Isolation und dem Schaden für die Geldbörsen der Israelis dadurch zu diesem Zeitpunkt nicht abschreckend ist. Denn alles in allem ist nationale Politik eine konstante Balance aus Risiken und Nutzen, und derzeit – so sagen sie – seien diese Risiken tolerierbar.

Jeder andere allerdings – die politisch Impotenten oder auch bloß Indifferenten – bedarf eines anderen Zugangs. Versetzen Sie sich selbst für eine Minute in die Rolle der Palästinenser und versuchen Sie zu verstehen, was Israel ihnen "erlaubt" . Bedenken Sie, was Sie in deren Position tun würden. Eine gewalttätige Rebellion? Niemals! Das steht außer Frage, weil diese von einer noch gewalttätigeren Macht unterdrückt werden würde (es ist unleugbar, dass mehr Palästinenser von Israelis schuldlos getötet wurden als umgekehrt). Ein diplomatisches Abkommen? Damit haben Sie Naftali Bennetts Hinterteil und Benjamin Netanjahus verlorene Wahrnehmung zum Lachen gebracht. Also was dann? Nichts? Sollen sie nur Danke sagen und den Mund halten? Würden Sie an deren Stelle ruhig sein und bedingungslos kapitulieren?

Plötzlich erscheint die Boykottbewegung nicht nur als ein nervender Versuch, die Geldbörsen der Israelis zu treffen, sondern als ein mutiger und innovativer Versuch, echte diplomatische Fortschritte zu erzielen. Und zwar dort, wo Dialog und Lösungen dringend notwendig sind: dem Ende der Besatzung, dem Abbau des Trennungswalles, der Anerkennung der Rechte und der Gleichheit der palästinensischen Bürger Israels und der Lösung des Flüchtlingsproblems. Hier geht es um einen lokalen und internationalen Ausdruck einer völlig unterschiedlichen Ausformung des palästinensischen Kampfes. Um etwas Neues und Ungewohntes für uns – um gewaltlosen Widerstand.

Ist das auch verboten?

Im Vergleich zu dem, was unter all den genannten Alternativen herauskommt, sind Boykotte und Sanktionen noch am ehesten koscher. Repression ist schlecht, Gewalt noch schlechter. Gewaltloser Widerstand und unbewaffnete Volksaufstände nehmen sich im Gegensatz dazu ganz passabel aus.

Die Wahheit ist, dass nicht alle der ihren hinter dieser Methode stehen, wie nicht alle der unseren uns unterstützen, aber die vorgegebene Richtung ist klar, überzeugend und auch bedrohlich. Ich bin sicher, dass der taffe Staat Israel eine Antwort auf jede Art von Gewalt finden wird. Aber er wird hilflos sein, wenn er mit einer zivilen Rebellion konfrontiert ist, die den Diskurs von den Begriffen Stärke und Widerstandsfähigkeit zu Recht und Werten führt. Dazu fehlen uns die Antworten.

 

1000 spielende Kinder

Was werden die Politiker und Soldaten tun, wenn 1000 palästinensische Kinder mit ihren Bällen, Rädern und Kameras auf die für Palästinenser geschlossene Shuhada- Straße in Hebron kommen und dort vor ihren Häusern spielen wollen, so wie es andere Kinder überall auf der Welt als Grundrecht tun können? Was wird die Antwort sein, wenn die Eltern der 1000 Kinder mit Tausenden anderen an die Mauer des palästinensischen Ghettos (euphemistisch Sperrzaun genannt) kommen, um dort vor den internationalen Medien und unter Tränengasnebeln so lange Mahnwache zu halten, bis die Mauer fällt? 

Die Antwort ist eindeutig: Am gleichen Tag wie Gewaltlosigkeit die offizielle Politik der Palästinenser wird, ist Israels gewalttätige Besetzungspolitik vorbei. Die derzeitige Hysterie über die Boykotte und Sanktionen kann dies bezeugen. (DER STANDARD, 17.2.2014)

 

 

Avraham Burg (59) war Politiker der israelischen Arbeitspartei und Sprecher der Knesset. Er ist Senior Fellow am Kreisky-Forum für Internationalen Dialog in Wien. Dieser Beitrag ist in "Haaretz" ersterschienen.

We Come As Friends

Am 16. Februar 2014 wurde im Babylon in Berlin-Mitte der 29. Friedensfilmpreis an "We Come As Friends" des österreichischen Filmemacher Hubert Sauper verliehen. Als fester Bestandteil der Internationalen Filmfestspiele Berlin prämiert der unabhängige Friedensfilmpreis jährlich Filme, die durch eine eindringliche Friedensbotschaft und ästhetische Umsetzung des Filmthemas überzeugen. Der österreichische Filmemacher Hubert Sauper fliegt mit einem selbstgebauten Kleinflugzeug nach Afrika, ins Epizentrum eines Konfliktes: in den Sudan. Bei jeder seiner vielen Landungen begegnet er Menschen, die Akteure in einer für den Kontinent exemplarischen Situation sind. 

Was zunächst interventionistisch erscheint wird zu einem wichtigen künstlerischen Mittel, das überraschende Einblicke gewährt. Alle sind Aliens: der amerikanische, evangelikale Pastor, die chinesischen Ölproduzenten und der Filmemacher selbst. Sie treffen auf lokale Eliten die auf ausländische Investitionen hoffen. Und auf Sudanesen die unter teils erschreckenden Bedingungen leben. 

Der Detailreichtum des Films macht neugierig, auch weil der Film zeigt, dass die Fehler der kolonialen Vergangenheit wiederholt werden. Er kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, an dem Afrika von der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik wieder entdeckt wird. Die „Freiheit“ wird bald nicht mehr nur am Hindukusch verteidigt, sondern auch jenseits der Sahara. Und damit auch der Zugang zu Rohstoffen: „We Come As Friends“.

 

Der Friedensfilmpreis ist weltweit der einzige Friedenspreis, der auf einem A-Filmfestival verliehen wird.

 

Quelle: Newsletter der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung Februar 2014

Terminankündigung

Die Förderung einer gewaltfreien Kultur und konstruktiven Konfliktbearbeitung in Schulen ist ein wichtiges Anliegen des Frauennetzwerks für Frieden. Seit mehreren Jahren organisiert das FNF einen regionalen Streitschlichtungstreff im Raum Bonn-Rhein-Sieg/Erft, um das Engagement der aktiven Schüler/innen und betreuenden Pädagog/innen zu unterstützen und zu würdigen. In diesem Jahr bietet das FNF zum ersten Mal zusätzlich zum Streitschlichtungstreff auch eine pädagogische Fortbildung für Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter/innen an. Thematisch geht es um den Umgang mit schwierigen Situationen im Schulalltag. Weitere Informationen zur Fortbildung und eine Vorankündigung des Streitschlichtungstreffs finden Sie hier.

 

22. März 2014: Pädagogische Fortbildung 

„Da geht doch nichts mehr – oder doch? Reframing als Lösungsansatz im pädagogischen Alltag“ 

Ort: Weiterbildungsstätte IndiTO in Bonn, Estermannstr. 204, 53117 Bonn

Uhrzeit: 9.30h – 17.30h, Eigenbeteiligung 60,- € (oder anteilige Beteiligung). Darin enthalten sind auch die Verpflegungskosten. 

 

03. Mai 2014: 4. Streitschlichtungstreff Bonn-Rhein-Sieg/Erft 

Ort: Marie-Kahle-Gesamtschule, Graurheindorfer Str. 80, 53111 Bonn

Das ausführliche Programm des 4. Streitschlichtungstreffs folgt in Kürze.

Ernstfall

Zu seinem Amtsantritt als Bundespräsident am 1.Juli 1969 hielt Gustav Heinemann eine Rede, aus der wir nachstehenden Auszug veröffentlichen. Es ist angesichts der Rede von Bundespräsident Gauck und den Äußerungen verschiedener Minister des amtierenden Kabinetts nicht ganz unwichtig, ein historisches Gedächtnis zu haben und daran zu erinnern, welchen Auftrag Politik in Deutschland hat.

"Meine Damen und Herren, ich trete das Amt in einer Zeit an, in der die Welt in höchsten Widersprüchlichkeiten lebt. Der Mensch ist im Begriff, den Mond zu betreten, und hat doch immer noch diese Erde aus Krieg und Hunger und Unrecht nicht herausgeführt. Der Mensch will mündiger sein als je zuvor und weiß doch auf eine Fülle von Fragen keine Antwort. Unsicherheit und Resignation mischen sich mit der Hoffnung auf bessere Ordnungen. Wird solche Hoffnung endlich erfüllt werden? Das ist eine Frage an uns alle, zumal an uns hier, die wir kraft der uns erteilten Mandate Verantwortung für unsere Mitbürger tragen. 

Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen. Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr. (…) Ich appelliere an die Verantwortung in den Blöcken und an die Mächte, ihre Zuversicht auf Sicherheit nicht im Wettlauf der Rüstungen, sondern in der Begegnung zu gemeinsamer Abrüstung und Rüstungsbegrenzung zu suchen. [Beifall] Abrüstung erfordert Vertrauen. Vertrauen kann nicht befohlen werden; und doch ist auch richtig, daß Vertrauen nur der erwirbt, der Vertrauen zu schenken bereit ist. Es gehört zu den vornehmsten Aufgaben unserer Politik, Vertrauen aufzuschließen. Dieser Aufgabe sind alle Machtmittel unterzuordnen - die zivilen und die militärischen. (…)

Wir werden erkennen müssen, daß die Freiheit des einzelnen nicht nur vor der Gewalt des Staates, sondern ebensosehr vor ökonomischer und gesellschaftlicher Macht geschützt werden muß. Der Einfluß der Verbände und ihrer Lobbyisten steht oft genug im Gegensatz zu unserer Ordnung, in der Privilegien von Rechts wegen abgeschafft sind, aber in der sozialen Wirklichkeit noch weiter bestehen. (…)

Es gibt schwierige Vaterländer. Eines davon ist Deutschland. Aber es ist unser Vaterland. Hier leben und arbeiten wir. Darum wollen wir unseren Beitrag für die eine Menschheit mit diesem und durch dieses unser Land leisten. In solchem Sinne grüße ich auch von dieser Stelle alle deutschen Bürger." [Lebhafter Beifall]

 

Grundgesetzartikel 87a in der Fassung vom 11. Juli 2012:

 

Artikel 87a

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

    • Kontakt

      Telefon: +49(0)228 - 62 67 30
      E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 

    • Anschrift

      Frauennetzwerk für Frieden e.V.
      Dr. Werner-Schuster-Haus
      Kaiserstr. 201
      D-53113 Bonn